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Fragwürdige Methode

Warum es tierschutzrelevant ist, Ziervögeln die Flügel zu stutzen

Blauer Wellensittich im Flug auf grauem Hintergrund
Vögel sind zu Fliegen geboren, aber manche Halter haben Angst, dass sich ihre Haustiere dabei verletzen oder verloren gehen und stutzen ihnen die Flügel. Foto: Getty Images
Porträt Manuela Bauer
Freie Autorin

13. Oktober 2023, 6:17 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Vögel sind dafür bestimmt, sich in den Himmel hinaufzuschwingen. Doch manchen Haltern scheint dies für ihre Heimtiere zu riskant. Ist es in Ordnung, seinem Vogel deswegen die Flügel zu stutzen?

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Der gesamte Organismus eines Vogels ist darauf ausgerichtet zu fliegen! Er besitzt Flügel, an seine Lungen sind Luftsäcke angegliedert und seine Knochen sind pneumatisiert, also mit Luft angefüllt. Er ist sozusagen zum Fliegen geboren. Doch manche Halter stutzen ihren Vögeln die Flügel. Vielleicht aus Sorge, sie könnten sich beim Freiflug in der Wohnung verletzen, ungeeignete Nahrung aufnehmen oder generell die Einrichtung verschmutzen.

Viele Papageienbesitzer glauben zudem, dass die Tiere auch gerne zu Fuß und beim Klettern unterwegs sind, weshalb ein Kletterbaum für die Tiere oder ein gesicherter Spaziergang ausreichend sei und sie keinen Freiflug benötigen. Aber darf man die Flügel von Ziervögeln überhaupt einfach selbst stutzen?

Wie werden die Federn gestutzt?

Das Stutzen der Schwungfedern ist grundsätzlich reversibel, da die Federn wieder nachwachsen. Damit der Vogel beim Fliegen das Gleichgewicht verliert, genügt es, eine Seite der Schwungfedern zu kürzen. Bei beiden Methoden kürzt man acht bis zehn Hand- und Armschwingen unter Schonung der Schäfte oder dem Absetzen der Federfahne, einschließlich des Schaftes.

Bei beiden Methoden werden zur Schonung die ersten zwei oder drei Handschwingen nicht gekürzt. Stutzt man die Flügel auf beiden Seiten, können die Vögel noch flattern und auf kurzen Strecken noch mehr oder weniger fliegen. In der Mauser können sich die Federn wieder regenerieren und wachsen neu nach.

Auch interessant: Warum legen Ziervögel manchmal unbefruchtete Eier?

Warum das Fliegen für die Gesundheit eines Vogels wichtig ist

Beim Fliegen belüftet der Vogel seine Lungen und die Luftsäcke mit frischer Luft. Dies ist etwa wichtig, damit es nicht zu einer Luftsackverpilzung kommt. Auch eine Leberverfettung kann die Folge von Flugunfähigkeit sein. Generell werden der Kreislauf und der Stoffwechsel nicht gefordert, was schnell zu Übergewicht beim Vogel führen kann. Das Flugunfähigmachen kann auch zu einer Reihe von Verhaltensproblemen, wie Federrupfen, Federbeißen und Selbstverstümmelung führen.

Gibt es Ausnahmen, wann man Flügel stutzen sollte?

Bei Papageien werden die Weibchen während der Brutzeit manchmal bis zur Erschöpfung von den Hähnen verfolgt. Damit die Henne nicht völlig zusammenbricht und vielleicht sogar verstirbt, kann man es in Erwägung ziehen, dem Papageienhahn einige Federn partiell zu kürzen, das nimmt ihm etwas an Fahrt.  

Ist das Stutzen der Federn tierschutzrelevant?

Nach § 1 des Tierschutzgesetzes darf man einem Tier nicht ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen. Ein regelmäßiges Stutzen muss nicht mit Schmerzen, kann aber mit Stress verbunden sein. Zudem sind die Tiere durch die gestutzten Flügel in ihrem Putzverhalten irritiert, was zu Verhaltensstörungen führen kann. Und dies gilt als Indikator für erhebliches Leiden im Sinne des Tierschutzgesetzes.

Oft kommt es nach dem Beschneiden auch zu Stürzen und damit einhergehenden Verletzungen und sogar Frakturen. Beim Beschneiden von Armschwingen handelt es sich zudem um ein teilweises Zerstören von Gewebe im Sinne von § 6 Absatz 1 des Tierschutzgesetzes.

Welchen Vögeln trotzdem die Flügel gestutzt werden

Laut der Tierschutzorganisation Peta werden Vögel in vielen deutschen Zoos flugunfähig gemacht. Seit 1998 ist dies in Einzelfällen nach tierärztlicher Indikation erlaubt, obwohl diese Praxis gegen das Tierschutzgesetz verstößt. Vor allem Wasservögel wie Pelikane oder Flamingos sollen davon betroffen sein. 

Auch Hühnern werden häufig die Flügel gestutzt, damit sie nicht aus dem Gehege entkommen und davonflattern, was laut Hühnerhaltern nicht schmerzhaft für die Tiere sei. Vor allem die kleinen und leichten Rassen können nämlich locker über den Zaun fliegen und dann von einem Auto verletzt, oder Opfer eines Fuchses oder Marders werden. In der Regel wird dabei nur ein Flügel gestutzt, da dies das Gleichgewicht der Tiere stört.

Fazit: Das Stutzen von Schwungfedern ist aus tierschutzrelevanten Gründen abzulehnen. Die Vögel werden durch die Flugunfähigkeit nicht zahmer, wie oft behauptet wird, sondern im Gegenteil sogar scheuer, da sie massiv unter Stress leiden. Nur ein flugfähiger Vogel ist ein gesunder Vogel!

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Quellen

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