22. Oktober 2024, 17:44 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
In Deutschland wurde erstmals die Orientalische Hornisse entdeckt. Das meldete der Nabu, der den Fund im Rahmen des Citizen-Science-Meldeportals NABU-naturgucker.de dokumentierte. Diese Hornissenart ist eigentlich im Südosten Europas verbreitet. PETBOOK-Autorin und Biologin Saskia Schneider erklärt, wie man Vespa orientalis erkennt und was man über die neue Art wissen sollte.
Noch vor zehn Jahren gab es in Deutschland nur eine einzige Hornissenart: Vespa crabro, auch Europäische Hornisse genannt. 2014 wurde dann erstmals die Asiatische Hornisse gemeldet, die vor allem bei Imkern gefürchtet ist – aber dazu später mehr. Nun scheint sich bald eine dritte Art dazuzugesellen: die Orientalische Hornisse, Vespa orientalis.
Laut Meldung des Nabu wurde zum ersten Mal ein Fund in Deutschland dokumentiert. Der Nachweis erfolgte über das Citizen-Science-Meldeportal NABU-naturgucker.de und kam aus Mannheim, wie der Nabu am 18. Oktober berichtete.1 Aber was bedeutet das genau? Kann die Orientalische Hornisse bei uns überleben und sich verbreiten? Wie gefährlich sind die Insekten für den Menschen und müssen Imker auch bei dieser Art Sorge um ihre Bienenvölker haben? PETBOOK beantwortet die wichtigsten Fragen zu Vespa orientalis.
Überblick
Woher kommt die Orientalische Hornisse?
Wie der Artname „orientalis“ vermuten lässt, lebt die Hornisse eigentlich in wärmeren Gegenden. Tatsächlich ist Vespa orientalis die einzige Hornissenart, die trockenes Wüstenklima verträgt. Man findet sie daher in Nordafrika, dem Nahen und Mittleren Osten insbesondere der Türkei und dem Iran oder auch in Indien. Aber auch im europäischen Mittelmeerraum ist die Art verbreitet, wie etwa im Großraum Süditalien, Sizilien und Malta.
Das Exemplar, das zuletzt jedoch in Mannheim dokumentiert wurde, war ein Zufallsfund. So dachte die Nutzerin des Meldeportals, dass es sich um eine Asiatische Hornisse handelt. Das Foto zeigt jedoch klar ein Exemplar der Vespa orientalis. Wie das Tier dorthin gelangte und ob noch weitere Hornissen der Art in Deutschland existieren, ist bisher allerdings unklar.
Wie lebt die Orientalische Hornisse?
Während unsere einheimische Hornisse ihre Nester vor allem oberirdisch in Hohlräumen anlegt, nistet Vespa orientalis auch unter der Erde. Dafür suchen sich die Insekten meist Kleinsäugerbauten in 20 bis 60 Zentimeter Tiefe aus.
In ihrer Heimat siedelt sich die Hornisse mit Vorliebe in der Nähe von menschlichen Siedlungen an. Denn im Gegensatz zur Europäischen Hornisse verschmäht diese Art auch Aas nicht und ist somit auch an verarbeiteten Fleisch- und Wurstwaren wie Schinken interessiert.
Die Nester von Vespa orientalis umfassen im Schnitt 400 Tiere und sind damit von der Größe vergleichbar mit denen unserer einheimischen Hornisse Vespa crabro. Deren Völker bestehen im Schnitt aus 400 bis 700 Individuen. 2
Ist die Orientalische Hornisse gefährlich?
Im Gegensatz zu Wespen gelten Hornissen tatsächlich als friedfertiger. Wobei sich der Vergleich hier vor allem auf die Deutsche Wespe, Vespula germanica, und die Gemeine Wespe, Vespula vulgaris, bezieht. Diese Tiere gelten zudem als Lästlinge, da sie neben Insekten auch Aas oder menschliches Essen nicht verschmähen und somit auch gern Wurst oder Schinken als Proteinquelle für ihre Brut „sammeln“.
All das trifft auf unsere einheimische Hornisse nicht zu. Daher kommt es fast ausschließlich zu Stichen, wenn man sich unvorsichtig dem Nest nähert. Auch die Orientalische Hornisse gilt als vergleichsweise friedfertig und sticht nur unmittelbar am Nest.3 Allerdings würde diese Art – ebenso wie die beiden oben genannten Wespen – am Tisch nach tierischem Protein Ausschau halten. Durch diesen Kontakt zum Mensch könnte auch das Stechrisiko leicht erhöht sein.
Gefährlicher als der Stich anderer Hornissen oder Wespen ist der Stich von Vespa orientalis aber nicht. Wer ein Nest in der Nähe hätte, müsste sich also keine Sorgen machen – es sei denn er hielte Honigbienen. Denn in Ländern, in denen Vespa orientalis vorkommt, ist sie bei Imkern nicht sehr beliebt. Grund ist, dass die Hornissenart neben größeren Insekten auch gern Jagd auf Honigbienen macht – meist sogar direkt am Bienenstand. 4
Wird die Orientalische Hornisse so viele Probleme verursachen wie die Asiatische?
Die Orientalische Hornisse ist nicht die erste Art, die neben unserer einheimischen Hornisse in Deutschland entdeckt wurde. So gab es 2014 erste Sichtungen der Asiatischen Hornisse, was bei Imkern damals für Aufruhr sorgte. Denn in vielen Ländern Asiens ist die Vespa velutina verbreitet und beschert den Völkern der Europäischen Honigbiene, Apis mellifera, bereits Schwierigkeiten.
Während die dort einheimischen Honigbienen, Apis cerana, mit den geschickten Bienenjägerinnen gut zurechtkommen und teils faszinierende Abwehrstrategien entwickelt haben, können unsere Völker ihr nichts entgegensetzen. So kann es durchaus passieren, dass Asiatische Hornissen die Europäischen Honigbienen durch ihre Angriffe dermaßen schwächen, dass diese schließlich zugrunde gehen. Mittlerweile hat sich Vespa velutina in Deutschland etabliert und kommt vor allem im Südwesten in Bundesländern wie Baden-Württemberg, Saarland, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen vor. Vereinzelt kommen zudem Meldungen aus Großstädten wie Berlin. 5
Im Imkereibereich werden dabei Völkerverluste von 30 bis 80 Prozent und eine geringere Honigproduktion verzeichnet. Auch die Wintersterblichkeit der Bienenvölker soll, bedingt durch den Stress durch Hornissendruck, steigen. So gehen in Frankreich bei hohem Hornissendruck 29,2 Prozent der Völker verloren. 6
Ob aber auch die Orientalische Hornisse solche Auswirkungen auf Honigbienenvölker in Deutschland haben könnte, ist unklar. So könne man noch nicht einschätzen, ob diese Art negative Auswirkungen auf unsere heimische Fauna haben wird, wie Laura Breitkreuz, Insektenexpertin bei Nabu, in der Meldung des Naturschutzbundes sagt. „Das wird erst die Zeit zeigen – wie bei allen neuen gebietsfremden Arten.“
So erkennen Sie die Orientalische Hornisse
Vespa orientalis ist dank ihrer Färbung gut von unserer einheimischen Hornisse sowie der Asiatischen Hornisse zu unterscheiden. Ihr Körper ist meist überwiegend rotbraun gefärbt und damit heller als der von Vespa crabro oder Vespa velutina, die größere schwarze Anteile aufweisen:7
- Orientalische Hornisse (Vespa orientalis): gelber Kopfschild, Körper rotbraun, gelber Streifen am Hinterleib
- Europäische Hornisse (Vespa crabro): rötlich, gelber Kopf, Körper rötlich bis schwarz gefärbt, Hinterleib gelb mit schwarzen Punkten und Bändern
- Asiatische Hornisse (Vespa velutina): etwas kleiner, Kopf rötlich bis schwarz, Körper fast vollständig schwarz gefärbt mit gelben Beinen und gelben Streifen auf Hinterleib
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Orientalische Hornisse gesichtet? Das ist zu tun
Was tut man nun, wenn man ein Exemplar der neuen Art entdeckt? Am besten fotografieren und die Sichtung beim Citizen-Science-Meldeportal des Nabu melden. Auf keinen Fall sollte man versuchen, das Insekt einzufangen, zu verfolgen oder gar zu bedrängen.
Auch die Tiere oder gar ganze Völker eigenhändig zu entfernen oder zu zerstören ist tabu! Zu oft geschehen Verwechslungen und es werden heimische Arten getötet, wie der Nabu warnt. Daher sollte man sich zunächst versichern, dass es sich tatsächlich um die Orientalische oder auch die Asiatische Hornisse handelt.